Baugeschichte

Das Anwesen von derzeit noch rd. 7 Ar liegt im Kernbereich der Stadt und dürfte schon seit dem frühen Mittelalter bebaut sein. Es erstreckte sich ursprünglich von der Oberen Hauptstraße bis zum Dorfgraben (Ottostr.), gehörte ursprünglich sehr wahrscheinlich zum Bereich des Lehens-Gutes „Oberer Freihof“ und wurde seither wohl ununterbrochen für bäuerliche Zwecke genutzt. Im Laufe der Jahrhunderte erfolgten einige Wegmessungen, insbesondere als ab etwa 1710 entlang des Dorfgrabens gebaut wurde.

Das Wohnhaus, vermutlich erbaut um 1800, hat Außenwände aus Sandsteinen (Raustein), die Innenwände bestehen aus gebrannten Ziegelsteinen. Die Decken waren ursprünglich aus Rohrgeflecht und Lehm gefertigt und wurden von Holzbalken getragen; seit dem letzten größeren Umbau im Jahr 1970 bestehen sie aus Holz. Seinerzeit wurden auch die Stallungen, welche im Hof früher der Breitseite des Hauses gegenüberstanden in vorne offene, jedoch weiterhin überdachte Schuppen umgewandelt. Die im hinteren Teil des Anwesens stehende hohe Scheune wurde damals wesentlich vergrößert, wofür der Garten überbaut wurde. Auch Stallungen für Großvieh und Raum für die Trocknung von Tabak und Hopfen) wurden gebaut, meist gefertigt aus Eichenholz. Beeindruckend ist die große Toreinfahrt zur Straße hin, welches aus Sandsteinsäulen besteht, die nach oben halbkreisförmig abschließen. Darin hängt ein Holztor mit eingebauter Eingangstür. Es ist das letzte Tor seiner Art in Hockenheim und zeigt noch die typische, früher in der Region weit verbreitete Bauweise stolzer fränkischer Bauernhöfe.

Die uns zur Verfügung stehenden Dokumente belegen, dass der Hof seit vor dem Jahr 1877 im Familienbesitz war, denn damals wurde „,Jakob Großhans III, Landwirt in Hockenheim, auf Grund Vermögensübergabe und Gemeinschaftsteilung“ als neuer Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Dessen Nachfahren, nämlich der jetzige Eigentümer und seine Schwester wissen jedoch aus Erzählungen ihrer Großeltern, dass das Anwesen schon viel länger im Eigentum der Familie ist. Diese Aussage wird gestützt durch die Tatsache, dass der Name „Großhans“ zu den wenigen gehört, welche in Hockenheim das für die Kurpfalz besonders schreckliche 17. Jahrhundert überdauert haben und es sich um eine uralte Bauernfamilie handelt.

Der genannte Jakob heiratete in dritter Ehe die Katharina geb. Eichhorn, die insgesamt acht Kinder groß zogen. Aus dieser Schar übernahm der 1895 geborene Wilhelm den Hof erst im Jahr 1950, denn sein Vater lebte über 80 Jahre und wurde somit für damalige Verhältnisse sehr alt. Er hatte eine Elisabetha geb. Albrecht aus Sandhausen geehelicht, welche ihn nach seinem Tod im Jahre 1965 beerbte und Alleineigentümerin wurde. Die Möglichkeit der Verlegung des Hofes in eine der beiden neuen bäuerlichen Siedlungen im Rheinbogen, Siegelhain und Seewald, Ende der fünfziger Jahre, nahmen beide nicht wahr. Sie wollten vielmehr ganz bewusst weiterhin „im eigenen Haus“ wirtschaften und dort selbständige Bauern bleiben. Allerdings wurden Teile des früher recht großen Grundbesitzes bei passendem Angebot nach und nach verkauft und mancher Quadratmeter davon im Rahmen der „vierten Fruchtfolge“ zu einem Bauplatz.

Von den drei Kindern aus vorgenannter Ehe übernahm Heinrich Peter Großhans, Jahrgang 1936, den Hof im Jahr 1973. Altersbedingt kann er ihn seit einigen Jahren nicht mehr betreiben. So ist der ehrwürdige Bauernhof zu einer Art Freilichtmuseum geworden, welches allerdings für die Öffentlichkeit nicht zugänglich ist. Das Anwesen liegt derzeit in einer Art Dornröschenschlaf und es ist zu hoffen, dass es daraus nicht erwacht, nur um abgerissen zu werden.

Verfasser Horst Eichhorn, unterstützt von Frau Mehr geb. Großhans, Heinrich Peter Großhans, Elmar Reiche und Herbert Reisinger

Stand Februar 2011